
Wir hätten uns keinen besseren Zeitraum für unsere Reise in den Thy Nationalpark in Dänemark aussuchen können. Pünktlich zur Heideblüte verschlug es meine Freundin und mich in den Nordwesten des Landes auf die durch den Limfjord vom Festland getrennte Insel Vendsyssel-Thy. Die unglaublichen, durch Dünenheiden geprägten Weiten des Gebietes ließen uns jedoch vollkommen vergessen, dass wir uns auf einer Insel befanden.
Dänemarks größte Wildnis
Rund 244 km² ist er groß, der Thy Nationalpark. Dieser erstreckt sich von Agger Tange im Süden über 55 km bis nach Hanstholm im Norden. Seine Heiden, Dünen und Wälder reichen teils bis zu 12 km landeinwärts (https://de.nationalparkthy.dk/). Unmöglich würden wir innerhalb einer Woche alle Sehenswürdigkeiten des Parks für uns entdecken können, aber das war auch nicht das Ziel. Jetzt ging es darum, Druck raus zu nehmen und nichts zu müssen. Wir hatten keine Bucket List abzuarbeiten. Einziger Vorsatz war es, abzuschalten. Bei unseren Wanderungen und Radtouren trafen wir jetzt zur Nebensaison oft stundenlang keinen Menschen – genau das habe ich nach einer anstrengenden Zeit voller Arbeit gebraucht! Endlich hatte ich Muße, mich wieder ein wenig der Fotografie zu widmen. Dies war in den letzten Monaten beinahe komplett auf der Strecke geblieben.
Rund um Klitmøller
Eine erste Erkundungstour führte meine Freundin und mich durch die Küstenheide südlich der Ortschaft Klitmøller. Jetzt, gegen Ende August, stand die Besenheide in voller Blüte.


Bei unserem Anstieg über den letzten Dünenzug vor dem Strand huschte hier und da eine Zauneidechse durch den Strandhafer und auch eine komplett schwarze Waldeidechse ließ sich blicken. Beinahe am Strand angekommen, zeigte sich die nächste reptilische Bewohnerin der Landschaft: Mitten auf dem Pfad lag eine Kreuzotter, die rasch in der Vegetation verschwand. Dort konnten wir sie noch eine Weile beobachten. Wer mich kennt weiß, dass ich mich riesig über diese Begegnungen freute!
Faunistisch interessierten Menschen hat der Thy Nationalpark einiges zu bieten. So lassen sich neben den gerade genannten Kriechtieren mit etwas Glück weitere spannende Arten beobachten. Zu nennen wäre da die Kreuzkröte als klassische Bewohnerin von Pionierlebensräumen. Im Frühjahr laicht sie in den flachen Dünentümpeln und ihr ratschender Ruf ist über weite Strecken zu vernehmen. In den weiten und offenen Landschaften des Parks brütet eine Vielzahl von Vogelarten wie dem Kranich oder der Sumpfohreule und in den Kahlschlägen der Forste ist mit etwas Glück das eigentümliche Trällern des Ziegenmelkers zu hören. Unter den Säugetieren sind große Bestände des Rothirsches vertreten, in den Seen sind Fischotter zu Hause und auch der Wolf wurde bereits im Nationalpark beobachtet!



Der Vogelfelsen Bulbjerg
Nicht direkt im Nationalpark aber in ebenfalls wunderschöner Landschaft gelegen ist der Kalkfelsen Bulbjerg, Dänemarks einzigem Vogelfelsen. Mehrere hundert Paare der Dreizehenmöwe brüten hier, was in Mitteleuropa eine Besonderheit darstellt! Vom 47 Meter hohen und teils bis zu 65 Millionen Jahren alten Fels hat man eine beeindruckende Aussicht über die Küstenlinie.


Unterhalb des Bulbjerg am Strand war Vorsicht angesagt – mehrere hundert Dreizehenmöwen machen neben einer Menge Lärm nämlich auch eine Menge Dreck. Mit dem Teleobjektiv ließen sich die Tiere aus halbwegs sicherer Entfernung beobachten.


Hanstholm Wildreservat
Heimat für unzählige Vögel sind die Seen und die umliegenden, mit Heide bewachsenen Dünen im 1949 eingerichteten Hanstholm Wildreservat. Das Gebiet ist im Zugang stark beschränkt, so dass die Tierwelt weitestgehend ungestört durch den Menschen bleibt. An verschiedenen Stellen bieten jedoch Aussichtstürme/-punkte einen fantastischen Ausblick in diese raue Landschaft. Von diesen ist es auch möglich, im Herbst die eindrückliche Brunft der Rothirsche zu beobachten – ein gutes Fernglas oder Teleobjektiv vorausgesetzt.

Natürliche Küstendynamiken bei Lodbjerg Fyr
Während unserer Reise erschien mir kein Küstenabschnitt so rau wie jener nahe des Leuchtturms Lodbjerg Fyr. Ein unablässiger Wind wühlte die Nordsee auf. Meine Zähne knirschten vom Sand in meinem Mund. Zahllose Abbruchkanten in der Steilküste zeugten von immer noch aktiven, natürlichen Dynamiken und ermahnten zur Vorsicht.

Immer wieder schweifte unser Blick zum 35 Meter hohen Turm des Lodbjerg Fyr als markante Landmarke, welche sich auch besichtigen lässt.


Fischerort Vorupør
Sehenswert war unserem Empfinden nach auch der kleine Fischer- und Touristenort Vorupør, wenige Kilometer südlich von Klitmøller. Zahlreiche Fischerboote am Strand boten das perfekte Postkartenmotiv.

Optisch perfekt in die Szenerie integrierte sich meine Freundin, ein echtes Lübecker Nordlicht.

Entlang der 310 Meter langen Mole konnten wir ein besonderes Naturschauspiel beobachten. Auf der gesamten Länge drängten sich (ohne Übertreibung) abertausende Sardinen, von denen immer wieder einzelne Tiere durch den Wellengang auf die Steinschüttung gespült wurden. Der riesige Fischwarm erschien unruhig. Den Grund dafür würden wir schnell ausmachen. Ebenfalls tausende von Makrelen machten Jagd auf die kleinen Fische. Die gestreiften, silbrigen Körper der Raubfische schimmerten immer wieder durch die Oberfläche des verhältnismäßig klaren Nordseewassers. Die Angler vor Ort hatten leichtes Spiel. Ich für meinen Teil wünschte mir in jenem Moment die Unterwasserkamera, eine Tauchmaske und Schnorchel – lebend sind mir diese Fische lieber!
Hungrig geworden von der frischen Luft, gönnten wir uns ein paar vorzügliche Pfannkuchen mit Eis und Sirup. Perfekter konnten wir der Hitze dieses Spätsommertages nicht begegnen.

Ein paar Tipps…
So ganz ohne Empfehlungen für potentielle Besucher des Thy Nationalparks möchte ich diesen Artikel natürlich nicht beenden!
Die beste Reisezeit
Die beste Reisezeit kann ich aufgrund unseres bis dato einmaligen Besuchs nicht einschätzen und ist wohl je nach Bedürfnis des Einzelnen unterschiedlich. Ende August erschien uns jedoch für Ruhe und Entspannung suchende Menschen als eine geeignete Zeit. Große Massen an Touristen waren nicht zugegen und die Luft- und Wassertemperaturen sind überaus angenehm oder zumindest erträglich, so dass dem einen oder anderen Badegang nichts im Wege steht. Zudem ist die alljährliche Heideblüte natürlich ein optisches Highlight zu dieser Saison.
Unterkunft
Leben wie ein Hobbit kann man auf dem Gelände von Nystrup Camping in Klitmøller. Dort werden als vergleichsweise günstige Unterkünfte sogenannte Hobbithütten angeboten.

Wir haben es nicht bereut und fanden es urgemütlich! Der Campingplatz ist sauber, das Personal freundlich und in wenigen Gehminuten ist man am Strand! Bei Bedarf kann man sich vor Ort Fahrräder leihen und ein kleiner Laden bietet das Nötigste an Verpflegung. Mehr Infos gibt es hier: http://www.nystrupcampingklitmoller.dk/de_hyttehobbit.htm
Baden gehen
Die im Park immer präsente Nordsee bietet bei entsprechendem Wetter natürlich eine gute Möglichkeit, ein paar Runden zu schwimmen. Wir haben uns bei ruhigem Wellengang am Strand westlich des Campingplatzes bei Klitmøller ins angenehm kühle Nass getraut. Vorsicht ist jedoch bei immer wieder auftretenden Brandungsrückströmen angesagt. Die gefährlichen Unterströmungen sorgen regelmäßig für ertrunkene Schwimmer. Die erste Regel in einem solchen Ernstfall lautet: Nicht gegen die Strömung anschwimmen sondern seitlich raus und dann an Land! Wer nicht auf Meerwasser verzichten möchte aber auf Nummer sicher gehen will, der kann im Meerwasserbad am Strand von Vorupør ein paar Bahnen ziehen.
Sehr angetan waren wir vom Karstsee Nors Sø und der umligenden Landschaft östlich von Klitmøller. Im Südwesten des Sees gibt es eine schöne Badestelle, die man bequem mit dem Fahrrad erreichen kann.
Essen gehen
Vorweg: Wirklich günstig ist es in Dänemark nirgendwo. Aber lecker geht in jedem Falle – uns schmeckte es in den folgenden Lokalitäten:
Kesses Hus – Kleines Restaurant in Klitmøller, das ausschließlich leckere (Buchweizen-) Pfannkuchen in herzhaft und süß auf der Karte hat. Auch Vegetarier wie wir werden fündig. Nettes Personal! Mehr Infos unter: http://www.kesseshus.dk/dansk
Haandpluk Kaffebar – Ebenfalls in Klitmøller gelegen. Guter Kaffee, Gebäck, Sandwiches, gemütliches Ambiente sowie ein sehr netter Inhaber. Mehr Infos unter: http://haandpluk.dk/
Pandekagehjoernet – Noch mehr Pfannkuchen, diesmal aber im Ort Vorupør. Kann man eigentlich immer essen! Infos gibt es hier: http://pandekagehjoernet.dk/
Wie sieht es bei euch aus? Wart ihr schon einmal im Thy Nationalpark unterwegs? Habt ihr Empfehlungen für einen Urlaub dort? Lasst es mich und andere Leser über die Kommentarfunktion wissen!
Wie immer exzellente Bilder!
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Besten Dank 🙂
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Toller Bericht!
War bisher, ausser einem Tagestrip von Flensburg aus, noch nie in Dänemark. Aber wäre mal eine Reise wert.
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Unbedingt! Besten Dank!
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War für Euch eine erlebnisreiche Reise, schöne Fotos – vielen Dank!
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Danke fürs Lesen! 🙂
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Vielen Dank für das mitnehmen auf die virtuelle Dänemarkreise. Leider war ich noch nie dort.
LG Bernhard
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Immer gerne 🙂
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Der Bulbjerg ist ja super! So einen Look habe ich in Dänemark noch nie gesehen. Kommt gleich auf meine DK-Bucket-List 😉 (Wobei Deine natürlich die Wichtigere ist).
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Moin 🙂
Ja, ich habe einen solchen Felsen dort auch nicht erwartet – er ist auch tatsächlich der Einzige weit und breit. Ich freue mich auf einen kommenden In der Nähe bleiben Artikel zum Bulbjerg 😉
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